Gokyo-Trek

 

Trekken im Everest-Gebiet, das ist schon was! Und da ich ja bereits im vergangenen Jahr Dassain mit Nepali gefeiert habe, nutze ich nun das Ende der Regenzeit, die freien Tage und die gute Sicht, um wieder mal meinen Rucksack zu packen und loszuziehen. Die geplante Route? Von Lukla aus über Namche Bazar nach Gokyo und zurück über den Renjo-Pass. 

 

Tag 1: Donnerstag, 29.09.2011

Start: Kathmandu - Ende: Phakding

höchster Punkt: 2.840 m (Lukla) - niedrigster Punkt: 1.355 m (Kathmandu) bzw. 2.510 m (Cheplung)

gesamt hoch gelaufen: 130 m - gesamt runter gelaufen: 460 m

 

Heute geht es früh los, denn unser Flug von Kathmandu nach Lukla soll um 7.45 Uhr gehen. Das Taxi ist auf 6.45 Uhr bestellt und auch pünktlich da. Immerhin regnet es heute nicht mehr, denn gestern noch waren die Straßen Kathmandus ziemlich überschwemmt. Soviel zu: Regenzeit ist vorüber! Ohne viel Verkehr geht es also quer durch Kathmandu zum Domestic Airport.

Dort treffe ich auch Monika, eine Freundin aus Deutschland, mit der ich diese Tour laufen werde, wieder. Direkt am Eingang zum Flughafen wird erst einmal das Gepäck gescannt und durchgecheckt und eine sehr oberflächliche Untersuchung von uns selbst gemacht. Doch weder muss ich meine Taschen leeren noch das Handgepäck öffnen. Im Flughafengebäude begeben wir uns gleich zum Schalter von Tara Air, der jedoch noch geschlossen ist.

Die Flughafengebühr von 200 Rupien haben wir auch schnell bezahlt und dann heißt es warten. Um 7.30 Uhr ist der Schalter immer noch nicht besetzt und wir stehen immer noch mit unseren Rucksäcken da. Auf meine regelmäßigen Fragen, wann denn der Schalter geöffnet wird, erhalte ich immer die gleiche Antwort: „in fünf Minuten“. Als dann auf dem Monitor der Abflüge vermerkt wird, dass unser Flug eben losgeflogen ist, wird selbst mir mulmig, doch wieder wird mir nur mitgeteilt, dass mein Flug in fünf Minuten eingecheckt wird. Neben uns am Schalter warten nun auch noch drei Schweizer, die einen Flug um 9.00 Uhr gebucht haben. Sonst scheint in dem Gewusel am Flughafen niemand etwas von Tara Air zu wollen, denn wir sind und bleiben der einzige unbesetzte Schalter. Gleichzeitig werden dann sowohl die Schweizer als auch wir gegen 8.45 Uhr unser Gepäck los und begeben uns noch einmal durch einen Personencheck in die Abflughalle. Um 9.15 Uhr besteigen die Schweizer den Bus zum Flieger und eine Viertelstunde später endlich auch wir. Um 9.45 Uhr hebt der Flieger nach Lukla dann tatsächlich ab. Mit den wenigen Passagieren an Bord sind einige Kisten, ein großer Rattansessel und weitere Ladung, für die die vordere Hälfte der Sitze entfernt wurde. Nach einem kurzen Flug in einer Flughöhe von maximal 6.630 Metern landen wir nach 40 Minuten sicher in Lukla.

Kaum steigen wir aus dem Flieger aus, werden wir von potentiellen Trägern und Guides belagert, die alle hoffen, noch eine kurze Anstellung zu bekommen, bevor dann in einer Woche die Hochsaison startet und jeder Träger und Führer wirklich zum Zug kommt. Doch wir wollen unsere Rucksäcke selbst tragen und auch einen Guide brauchen wir nicht, denn zum Einen kann man sich auf dieser Strecke mit einer Karte ganz gut zurecht finden (wohin will man sich denn auch verlaufen?) und zum Anderen kann ich ja auch jederzeit nach dem Weg, den Namen der Berge oder der Entfernung zur nächsten Lodge fragen.

Nachdem wir unsere Rückflugtickets im Hotel direkt am Flughafen hinterlegt und gleich ein Zimmer gebucht haben, können wir endlich um 11.15 Uhr loslaufen – Berge, wir kommen!

 

Auf 2.840 Metern Höhe gestartet geht es mit unseren 13 Kilo Gepäck erst einmal ein paar Meter runter, denn die nächste Ortschaft Ghat liegt lediglich auf 2.592 Höhenmeter. Kurz danach erreichen wir Chheplung auf 2.510 Metern Höhe. Dieser Ort ist übersät mit Manisteinen, auf denen tibetische Gebete eingemeißelt sind. Kleine Klösterchen, Gebetsmühlen und Chörten säumen unserem Weg. Unterwegs erhaschen wir auch einen ersten Blick auf dem Kumjung, den wir in den nächsten Tagen noch öfters sehen werden. Da eine Brücke unterwegs kaputt ist und repariert wird, müssen wir einen Riesenbogen durch den Wald laufen und ich frage mich, wie die Träger mit ihren bis zu 60 Kilo auf dem Rücken diesen Weg überhaupt gehen können. Ich muss mich immer wieder an Wurzeln, Bäumen und großen Steinen halten, um bei der steilen und teils matschigen Strecke nicht ins Rutschen zu kommen.

Unser Tagesziel ist Phakding, das wir bereits um 14.15 Uhr erreichen. Wieder auf einer Höhe von 2.610 Metern genießen wir eine heiße Dusche, Daal Bhat Tarkari mit getrocknetem Büffelfleisch (seeeehr lecker!) und zum Nachtisch einen Apfelkuchen. Wir spazieren noch ein wenig durch den Ort, doch noch vor Einbruch der Dunkelheit sind wir wieder in unserem Zimmer. Klar, was soll man auch so spät sonst noch machen. Ich habe das Buch „In eisige Höhen“ von Jon Krakauer dabei, in dem er von der Expedition von 1996 schreibt, die er miterlebt hat und die für einige Gruppen verhängnisvoll endete. Da ich ja (zumindest die ersten Tage) auf der selben Strecke unterwegs bin und auch den Everest hoffentlich zu sehen bekomme, freue ich mich trotz des ernsten Themas auf die Lektüre. In meinen Daunenschlafsack gewickelt und mit Stirnlampe kann ich abends also immer noch ein paar Seiten lesen.

Tag 2: Freitag, 30.09.2011

Start: Phakding – Ende: Namche Bazar

höchster Punkt: 3.440 m (Namche Bazar) - niedrigster Punkt: 2.610 m (Phakding)

gesamt hoch gelaufen: 925 m - gesamt runter gelaufen: 95 m

 

Nach einem guten Frühstück brechen wir um 7.30 Uhr von Phakding auf und haben unsere anstrengendste Etappe vor uns. Die Blicke, die sich uns auf den Tamserku eröffnen sowie die traumhaft schöne Landschaft und die Yakkaravanen, denen wir unterwegs begegnen, entschädigen uns jedoch für die Anstrengung und nach vielem Auf und Ab und einem knapp 700-Meter-Aufstieg am Schluss kommen wir ziemlich erschöpft um 15.15 Uhr in Namche Bazar an (3.440 Meter). Mittlerweile habe ich jedes unnötige Kilo auf meinen Schultern verflucht und lasse auch ein paar Klamotten wie meine dicke Fleecejacke, zusätzliche Shirts und Wäsche dort im Hotel, um sie nach unserer Tour wieder abzuholen. Meine alten, seit knapp 20 Jahren eingelaufenen Wanderschuhe machen meinen Füßen ebenfalls zu schaffen und ich bin froh, dass in Kathmandu bereits neue Wanderschuhe auf mich warten, die ich dann bei meiner nächsten Tour tragen werde.

 

Namche Bazar liegt wie ein Amphietheater an einem Hang mit Öffnung nach Süden. Die Hotels sind auf verschiedenen Ebenen angeordnet und anstelle einer Bühne liegt im Süden eine Yakweide und eine kleine Stupa. Viele der Läden mit Trekkingausrüstung, Supermärktchen und Souvenirgeschäfte sind noch geschlossen und man merkt, dass die Hauptsaison noch nicht begonnen hat. 

Tag 3: Samstag, 01.10.2011

Start: Namche Bazar – Ende: Namche Bazar

höchster Punkt: 3.880 m (Kumjung Pass) - niedrigster Punkt: 3.440 m (Namche Bazar)

gesamt hoch gelaufen: 520 m - gesamt runter gelaufen: 520 m

 

Heute ist Akklimatisationstag und wir bleiben in der Gegend um Namche. Über Namche Gompa (das buddhistische Kloster) laufe ich nach Kumjung und komme heute schon auf 3.880 Meter Höhe. Vormittags lässt die Bergwelt allerdings zu wünschen übrig und ich freue mich über jeden Zipfel Berg, den ich durch die dichten Wolken erhaschen kann.

Dafür freue ich mich über eine erstaunliche Flora, die ich hier nicht erwartet hätte: Enzian in verschiedenen Ausführungen (hellblau, dunkelblau, blau-weiß gestreift...), Edelweiß, wilde Orchideen etc. wachsen überall entlang des Wegs. Mein Ziel ist Kumjung, dort soll es ein schönes Kloster geben, nette Lodges und guten Apfelkuchen. Doch der Ort scheint heute geschlossen zu haben, denn alles ist zu und ich treffe kaum jemanden. Einzig ein alter Mann auf seinem Feld ist zu sehen und der quatscht mich in Sherpa an, von dem ich kein Wort verstehe. Nachdem er merkt, dass ich immer größere Augen bekomme und immer noch nicht weiß, was er von mir will, lacht er laut auf und zeigt mit seinem Finger in Richtung des Klosters. „Gumpa“ kommt aus seinem fast zahnlosen Mund und ich verstehe, dass er mir den Weg zum Kloster zeigen möchte. Eigentlich ja nett, aber da direkt neben dem Feld ein riesiges Hinweisschild mit dickem Pfeil steht, hätte ich den Weg vermutlich auch ganz alleine gefunden.

Doch das Kloster ist genauso verrammelt wie der Rest des Ortes und ich frage ein paar junge Frauen, die ihre Wäsche waschen nach dem Weg zum Everest View Hotel. Dieses liegt zwischen Kumjung und Namche und soll tolle Ausblicke liefern. Auf jeden Fall ist es ein anderer Weg zurück, so dass ich nicht dieselbe Route zurück nehmen muss. Der Weg wird mir über verschiedene Yakweiden und an Chörten vorbei erklärt. Naja, der offizielle Weg war das definitiv nicht, denn außer ein paar Frauen, die Pilze sammeln und zwei Hirten mit ihren Yaks treffe ich keinen Menschen und mehrmals hört mein Weg direkt an einem Steilhang auf. Doch während ich querfeldein laufe, erscheint ein schöner Berg an einem Wolkenloch mit strahlend blauen Himmel und als ob sie wüssten, wie fotogen sie sind, stellen sich ein paar Yaks direkt auf den Hügel vor diesen Berg.

Nach einer Weile komme ich dann doch noch am Everest View Hotel heraus, das plötzlich mitten im Wald zu stehen scheint. Nun erfahre ich auch, dass mein Berg der Lohtse ist und direkt daneben schieben sich auch die Wolken vom Everest höchstpersönlich weg, so dass ich meinen ersten Blick auf den höchsten Punkt der Welt (naja, immerhin die Südflanke desselben) erhaschen kann. Schon ein tolles Gefühl! Über Wiesen mit Enzian und Edelweiß geht es über die Graspiste des lokalen Flughafens zurück nach Namche, doch nicht ohne auch noch Blicke auf den Thamserku und den Kantega zu erwischen.

Dort gönne ich mir in der Namche Bakery ein leckeres Käsesandwich und unterhalte mich mit ein paar anderen Trekkern aus Australien und Amerika über unsere Touren und Erfahrungen. Danach spaziere ich noch ein wenig über den Markt und zur Stupa und lasse den Tag ganz ruhig ausklingen.

Tag 4: Sonntag, 02.10.2011

Start: Namche Bazar – Ende: Phortse Dunga

höchster Punkt: 3.979 m (Mong La) - niedrigster Punkt: 3.440 m (Namche Bazar)

gesamt hoch gelaufen: 542 m - gesamt runter gelaufen: 320 m

 

Wieder geht es um 7.30 Uhr los. Ab heute wiegt mein Rucksack nur noch zehn Kilo, was sich deutlich besser tragen lässt als das Monster, das ich bisher auf meinem Rücken hatte. Unglaublich, was drei Kilo ausmachen!

Auch heute besticht der Weg durch schöne Natur und ich stelle mir vor, wie traumhaft es hier im April aussehen muss, wenn überall der Zwergrhododendron blüht, den wir auf den Hängen entdecken.

Um 11.30 Uhr kommen wir in Mong La an, einem 3.979 Meter hohen Pass, wo sich uns zum Ingwertee eine schöne Sicht auf den Ama Dablam bietet. Die kleine Stupa am Pass mit ihren bunten Gebetsfahnen bietet einen schönen Vordergrund für den Berg, der sich immer wieder hinter Wolken versteckt, die so schnell ziehen, dass sich zwischen Motivsuche und dem endgültigen Abdrücken des Auslösers meiner Kamera teilweise bereits ein anderes Bild bietet. Kurz bevor wir wieder aufbrechen lässt sich auch der Thamserku wieder blicken, den wir mittlerweile mit seiner zerklüfteten Form ganz gut erkennen, ohne jedesmal einen Sherpa danach fragen zu müssen.

 

Unterwegs treffen wir immer wieder Trekker, die uns bereits entgegen kommen und über Kopfschmerzen oder andere Symptome der Höhenkrankheit klagen, da sie zu schnell aufgestiegen sind. Wieder sind wir froh, dass wir ausreichend Zeit haben und uns nicht beeilen müssen, Gokyo zu erreichen. Auch Hubschrauber-Rettungen scheinen nicht so selten zu sein, da wir täglich mehrere Hubschrauber über uns fliegen sehen. Wir dachten erst, dass dies rundflüge sind, doch später haben wir erfahren, dass dies alles Rettungsflüge waren. Doch wenn man darauf achtet, täglich nicht mehr als 400 bis 500 Meter Höhe zu gewinnen und ausreichend trinkt sowie auf seinen Körper hört, dürfte einem die Höhe nicht so viel ausmachen.

 

Unser heutiges Etappenziel ist Phortse Dunga auf 3.670 Metern Höhe und ich muss in der Lodge seit langer Zeit mal wieder erfahren, wie es sich anfühlt, in einem Land zu sein, in dem ich mich nicht verständigen kann, denn mit meinem Nepali komme ich hier nicht wirklich weiter. Ich dachte, der alte Mann gestern sei eine Ausnahme, aber auch jüngere Leute scheinen nicht alle Nepali zu sprechen. Dennoch schaffen wir es, ein Zimmer zu bekommen und da es erst 14.00 Uhr ist, legen wir nur unsere Rucksäcke ab und laufen noch runter zum Dudh Koshi und genießen die Stimmung am Fluß. Als wir wieder in die Lodge kommen, in der wir immer noch die einzigen Gäste sind, treffen wir auch auf die Besitzerin, die dort mit ihrem Sohn und Tochter lebt und fragen nach der Karte. Nachdem wir wir wieder einmal über manche Übersetzungen schmunzeln mussten (Spaghetti with Bolo Nice Sauce) erkundige ich mich, ob es die auf der Karte angebotenen Yak-Burger auch tatsächlich gibt. „Da muss ich meinen Koch fragen“, meint die Sherpani dann und rauscht hinaus in die Küche mit einer Grazie, die ich ihr nicht zugetraut hätte.

Glücklicherweise gibt der grünes Licht für meinen Burger und am Abend wird für uns auch der Ofen angemacht, der mit Yakdung geladen wird und ganz angenehm wärmt. Doch der Nebel, der abends aufzieht und die gesamte Nacht bleibt, zieht auch in unser Zimmer rein und wir kuscheln uns tief in unsere Schlafsäcke.

Tag 5: Montag, 03.10.2011

Start: Phortse Dunga – Ende: Dole

höchster Punkt: 4.110 m (Dole) - niedrigster Punkt: 3.610 m (Dudh Koshi bei Phortse Dunga)

gesamt hoch gelaufen: 555 m - gesamt runter gelaufen: 55 m

 

Beim Aufwachen blicken wir nur auf eine dichte Nebelwand, so dass wir noch nicht einmal den Dudh Koshi sehen oder hören können. Als wir nach dem Frühstück gegen 7. 15 Uhr starten, lichtet sich der Nebel langsam und nach 20 Minuten geben die Nebelschwaden traumhafte Blicke auf den Thamserku und den Kajan Kanguru frei.

Im Wald herrscht eine mystische, märchenhafte Athmosphäre und die Tautropfen in den von den Ästen hängenden Moosen glitzern in den einzelnen durch das Blätterwerk blitzenden Sonnenstrahlen wie Diamantenketten. Ein Wasserfall plätschert aus den Wolken, nur um wieder in Nebelschwaden zu verschwinden. Über kleine Brückchen und Stege kommen wir bereits um 11.30 Uhr nach Dole, das auf 4.073 Meter Höhe liegt und wo wir wieder halten müssen, um nicht zu schnell zu hoch aufzusteigen und Höhenkrankheitssymptome zu riskieren.

Doch was macht man in einem Ort, der kalt, zugig und ungemütlich ist? Wir versuchen, noch ein wenig durch die Hügel der Umgebung zu spazieren, doch der Wind treibt uns ins Haus. Und auch wenn Jon Krakauer in seinem Buch erst ab einer Höhe von 6.000 Meter über die Kälte jammert, so kann ich ihn doch gut verstehen, denn meine Füße fühlen sich ebenso nach Erfrierungen an wie meine Nase. Unser Badezimmer besteht aus einem im Freien aufgestellten Wasserpot mit Hahn und einem dahinter aufgestellten Spiegel. Schnell Zähne putzen und noch schneller das Gesicht waschen, das muss reichen ;o)

Tag 6: Dienstag, 04.10.2011

Start: Dole – Ende: Machhermo

höchster Punkt: 4.470 m (Machhermo) - niedrigster Punkt: 4.110 m (Dole)

gesamt hoch gelaufen: 410 m - gesamt runter gelaufen: 80 m

 

Wir wachen auf mit einer Traumsicht auf Thamserku, Kantega und andere Berge und nach einem schnellen Porridge und Tee brechen wir wieder gegen 7.30 Uhr auf. Rechterhand kommt bald der Chola Tse in Sichtweite und nachdem wir einen recht steilen Hügel überklettert haben steht vor uns in voller Breite der Cho Oyu. Mit diesen Bergen im Blick genießen wir wieder mal einen Sherpa Stew, einem Gemüseeintopf mit Reis und Nudeln, der uns auf dem restlichen Weg nach Machhermo auf 4.394 Meter Höhe stärken soll. Von unserer (saukalten) Lodge aus haben wir jedoch einen guten Blick auf alle Berge rundum. Am Ofen tauen meine Zehen auch wieder auf und bald bin ich wieder komplett aufgewärmt. Naja, kein Wunder, denn der Ofen heizt ordentlich ein und der Raum hat bald Saunatemperaturen. Also alles wie daheim ;o) Während wir es uns gemütlich gemacht haben, kommt eine kleine Yakkarawane mit mehreren Tieren an, von der zentnerweise Kartoffeln abgeladen und in einen Keller unter den Holzdielen gelagert werden. Von diesen Kartoffeln bestellen wir gleich eine gute Portion mit gebratenem Büffelfleisch und Gemüse. Die Kartoffeln müssen ja (wie alles Andere auch) hier hochgeschleppt werden und wir wissen das leckere Essen zu schätzen.

Tag 7: Mittwoch, 05.10.2011

Start: Machhermo – Ende: Gokyo

höchster Punkt: 4.790 m (Gokyo) - niedrigster Punkt: 4.470 m (Machhermo)

gesamt hoch gelaufen: 620 m - gesamt runter gelaufen: 100 m

 

Als ich um 6.00 Uhr aufstehe, strahlt die Sonne eben die ersten Bergspitzen um uns herum an und auch wenn es immer noch schweinekalt ist, mache ich einige Bilder mit diesem wunderschönen Licht. Die Sicht wird immer schöner und direkt hinter Machhermo geht es einen Hügel hinauf, an dessen Grat eine Stupa steht. Von da oben aus kann man einen 360°-Blick auf die Berge ringsum genießen: im Norden (und an der Grenze nach Tibet) thront immer noch der Cho Oyu, rechterhand erkennen wir neben dem Chola Tse auch noch den Teboche und Arakam Tse. Durch das viele Fotographieren kommen wir kaum weiter, doch da unsere Tagesetappen ja nie so extrem lang sind, entstehen ja kaum Verzögerungen und es ist deutlich angenehmer, tagsüber länger unterwegs zu sein als in den kalten Lodges zu hocken und ja auch nichts zu tun zu haben.

Nach wenigen Stunden laufen kommen wir bereits an den ersten der Gokyo-Seen und wieder fühle ich mich in eine mystische Märchenwelt versetzt: das tieftürkise Wasser, die Schneeberge im Hintergrund, kleine aufeinandergestapelte Steinfiguren, die im See und am Ufer aufgebaut wurden und über allem eine Ruhe, die lediglich vom Schnaufen der Lastenträger und den Rufen der Yakkaravanen-Treiber unterbrochen wird. Vom Longponga See (4.710 Meter) kommen wir bereits nach kurzer Zeit an den zweiten See, der mit 4.740 Metern nur geringfügig höher liegt. Der Taujung Tsho See ist wesentlich größer, doch leider spiegeln sich durch den Wind, der die Oberfläche kräuselt, die Berge nicht im Wasser.

 

Gokyo liegt am dritten See, dem Dudh Pokhari auf 4.750 Metern und unsere Lodge befindet sich auch direkt am Wasser. Hier werden wir ein paar Tage bleiben und von da aus dann Tagesausflüge machen.

 

Noch am gleichen Nachmittag gehen wir den Hügel hinter der Lodge hoch, der uns von Ngozumba Gletscher trennt. Dies ist der größte Gletscher Nepals und ich erwarte eine Riesenmenge tiefblau schimmerndes Eis, so wie ich das vom Skifahren in Österreich kenne. Doch nix da mit Eis und Schnee. Ich stehe keuchend an der Bergkante und starre auf eine Landschaft, die ich auf dem Mond erwartet hätte: alles voller Steine und Kiesel, dazwischen kleine, kreisrunde Seen mit tiefblauem oder grauem Wasser und seltsame, faszinierende Steinformationen. Doch nachdem unser Keuchen vom Aufstieg etwas nachgelassen hat, hören wir deutlich und regelmäßig, wie das Eis des Gletschers unter der Schicht aus Sand und Kies bricht und sich bewegt. Teilweise rutschen kleine Mengen Steinchen die Abhänge herunter und der Schrei eines vorbeifliegenden Vogels erscheint wie ein surrealer Laut, der einen aber wieder ins Hier und Jetzt befördert. Wir lauschen den Geräuschen des Gletschers bis es uns da oben zu kalt wird und wir uns wieder in die Wärme der Lodge begeben.

 

Nachts ist es auf dieser Höhe auch ziemlich kalt und wieder bin ich froh um meinen Daunenschlafsack, in den ich mich einpacken kann.

Tag 8: Donnerstag, 06.10.2011

Start: Gokyo – Ende: Gokyo

höchster Punkt: 4.990 m (Ngotsuma Thso) - niedrigster Punkt: 4.790 m (Gokyo)

gesamt hoch gelaufen: 240 m - gesamt runter gelaufen: 240 m

 

Früh morgens wird der Cho Oyu von der Sonne angestrahlt und noch vor dem Frühstück machen wir ein paar super Bilder. Mit einem Lunchpaket im Gepäck verlassen wir um 7.00 Uhr die Lodge in Richtung Norden, wo zwar nur wenige Höhenmeter, doch dafür noch zwei weitere Seen auf uns warten. Begleitet werden wir von unglaublich schönen Bergformationen, dem Gletscher und vielen Bergblumen. Wir sehen einige Murmeltiere, die jedoch ganz schnell zwischen den Steinen hin und her huschen und sich nicht fotographieren lassen. Als es nachmittags windig und kalt wird, erreichen wir wieder unsere Lodge und genießen die Wärme des Ofens.

Tag 9: Freitag, 07.10.2011

Start: Gokyo – Ende: Machhermo

höchster Punkt: 5.357 m (Gokyo Ri) - niedrigster Punkt: 4.470 m (Machhermo)

gesamt hoch gelaufen: 700 m - gesamt runter gelaufen: 1.020 m

 

Heute ist die Nacht nur kurz, denn um 3.40 Uhr klingelt der Wecker. Bis wir uns aus dem warmen Schlafsack geschält und angezogen haben, ist es dann auch 4.00 Uhr und wir laufen mit Stirnlampe und dicken Handschuhen los in Richtung Gokyo Peak. Es ist stockdunkel und schweinekalt und wir müssen über 600 Höhenmeter hinter uns bringen. Und das, bevor die Sonne aufgeht.

Nach 300 steilen Höhenmetern bin ich ziemlich erschöpft und schleppe mich nur noch mit reiner Willenskraft vorwärts. Meine Beine wollen schon lange eigentlich keinen Schritt mehr laufen. Warum mache ich das eigentlich? Diese Quälerei für ein paar Berggipfel! Nach einer Weile habe ich weitere hundert Höhenmeter hinter mir und ich beginne schon, an meinem Höhenmesser zu zweifeln, da dieser eindeutig nicht die korrekte Höhe anzeigen kann. Ich streiche in Gedanken bereits alle weiten Bergtouren, die ich mir für die kommenden Jahre vorgenommen habe und kämpfe weiter mit jedem Schritt. Noch einmal hundert Meter geschafft!

Langsam wird es auch etwas heller und ich muss die Sonne beschwören, mir noch etwas Zeit zu lassen, bevor sie aufgeht. Mit letzter Kraft schleppe ich mich auf die Spitze des Gokyo und schaue auf die Uhr: 5.53 Uhr. Und genau in diesem Moment strahlt die Sonne die ersten Bergspitzen im Westen golden an. Nach ein paar tiefen Atemzügen greife ich zu meiner Kamera und stürze mich auf die unglaubliche Sicht – im Osten der Mount Everest, der zwar keine schöne Form aufweisen kann, aber dadurch besticht, dass er halt doch der höchste Punkt der Erde ist. In alle Richtungen sehe ich überall tolle Berge, die Seen, Gebetsfahnen, Gletscher und einen unglaublichen Sonnenaufgang. Nachdem ich mich ein wenig erholt habe, genieße ich jeden Augenblick auf dem Peak und füge nun gedanklich wieder meine künftigen Bergtouren zu meiner Reiseliste hinzu: Kilimandscharo und Kalar Pattar sind also noch nicht ganz gestorben.

 

Genau sechs Stunden nach unserem nächtlichen Aufbruch sind wir zurück in der Lodge und stärken uns noch einmal mit Bratkartoffeln mit Yak-Käse bevor wir wieder unseren Rucksack packen und zurück nach Machhermo laufen. Die Tour über den Renjo-Pass müssen wir leider absagen, da es dort 40 Zentimeter Neuschnee geben soll und wir mit unseren Schuhen und ohne die nötige Ausrüstung kein Risiko eingehen wollen. In Machhermo werden wir in unserer Lodge bereits wie alte Freunde begrüßt und bekommen auch unser altes Zimmer wieder.

Tag 10: Samstag, 08.10.2011

Start: Machhermo – Ende: Phortse

höchster Punkt: 4.480 m (Phangga) - niedrigster Punkt: 4.310 m (Dudh Koshi bei Nhala)

gesamt hoch gelaufen: 230 m - gesamt runter gelaufen: 883 m

 

Um nicht exakt den selben Weg wieder zurück gehen zu müssen, laufen wir an diesem Tag erst wieder ein Stück der Strecke zurück in Richtung Norden, um zur Brücke zu gelangen, die uns über den Dudh Koshi nach Nhala bringt. Diese Flußüberquerung ist ziemlich abenteuerlich und wir passieren den reißenden Fluß einmal auf einer kleinen Holzbrücke, ein anderes Mal müssen wir über Steine im Fluß hopsen, um auf die andere Seite zu gelangen. Querfeldein und über Yakweiden passieren wir Thare und Thore und erreichen am Nachmittag Phortse. Der Weg bringt uns durch schöne Herbstwälder, wir treffen wieder auf ganze Yakherden, die uns aus dem Weg springen lassen. Chörten, Manisteine und Berge säumen die Strecke, doch bald lässt uns der kalte Wind Handschuhe, Fleecemütze und die dicke Jacke anziehen und trotz der abwechslungsreichen Landschaft sind wir froh, endlich an unserem Tagesziel anzukommen und den Tag mit einer heißen Schokolade ausklingen lassen zu können.

Tag 11: Sonntag, 09.10.2011

Start: Phortse – Ende: Namche Bazar

höchster Punkt: 3.979 m (Mong La) - niedrigster Punkt: 3.440 m (Namche Bazar)

gesamt hoch gelaufen: 502 m - gesamt runter gelaufen: 823 m

 

Der Sonntag fängt etwas unentspannt an, da wir gleich zu Beginn von einer Yak-Kuh verfolgt werden, die uns den Berg schneller hinuntergehen lässt als wir das zum Schutz unserer Knie eigentlich vorgesehen haben. Doch kaum dass wir den Wald verlassen haben und wieder auf Höhe des Flusses sind, könnten wir eigentlich wieder unser eigenes Thempo laufen, doch das Wetter ist unglaublich schön und der strahlendblaue Himmel gibt die Sicht auf Berge frei, die wir vom Hinweg noch gar nicht kennen. Und so kommen wir doch erstaunlich schnell wieder am Mong La an. Bereits um 10.00 Uhr sitzen wir oben am Pass und haben eine durch Wolken uneingeschränkte Sicht auf den formschönen Ama Dablam. Rechterhand haben wir wieder Kantega und Thamserku, die uns bereits bekannt sind, aber sich auch noch nie so schön präsentiert haben wie heute. Dhauje, Kantarr, Ombigaichan, Malanphulah und Hongku wurden uns bis heute vorenthalten und das Panorama zeigt sich den gesamten Vormittag wolkenfrei. Schweren Herzens verlassen wir den Pass wieder in Richtung Namche. Bei unserer Ankunft erscheint uns dieser Ort wie eine Großstadt und nach einer heißen Dusche und dem weltweit leckersten Apfelkuchen überhalb von 2.500 Metern gehen wir shoppen – Kekse, Yakkäse und eine kleine Ledertasche als Erinnerung. Ein Yaksteak rundet diesen Tag ab und wir fallen zufrieden ins Bett.

Tag 12: Montag, 10.10.2011

Start: Namche Bazar – Ende: Namche Bazar

höchster Punkt: 3.960 m (Thame Gompa) - niedrigster Punkt: 3.390 m (Phurte)

gesamt hoch gelaufen: 740 m - gesamt runter gelaufen: 740 m

 

Da wir ja nicht über den Renjo-Pass und über Thame nach Namche gekommen sind, führt uns der heutige Tag in diesen Ort. Wieder strahlt die Sonne alle Berge an und keine Wolke verdeckt die Sicht. Den Kongde und Kongderi sehen wir bereits von der Lodge aus, später kommt noch der Tangregitau dazu. Hinter uns lösen sich der Kali Himal, Kujungkang und Thamserku aus dem Dunst der aufgehenden Sonne und werden immer klarer. Wir setzen uns auf einen schönen Stein und genießen mit noch warmem Brot vom deutschen Bäcker aus Namche und dem Yak-Käse ein leckeres zweites Frühstück (das in der Lodge war wirklich mickrig). An Wasserfällen und Chörten vorbei geht es nach Thame, wo wir leider nur bis zur Gompa hochlaufen können, uns aber der Aussichtspunkt ein Stück höher aus Zeitgründen verwehrt bleibt und wir so den Cho Oyu heute nicht mehr sehen können. Der Rückweg zieht sich etwas, doch nach 2,5 Stunden mit strammem Schritt erreichen wir Namche kurz vor der Dämmerung.

Tag 13: Dienstag, 11.10.2011

Start: Namche Bazar – Ende: Lukla

höchster Punkt: 3.440 m (Namche Bazar) - niedrigster Punkt: 2.510 m (Cheplung)

gesamt hoch gelaufen: 407 m - gesamt runter gelaufen: 1.055 m

 

Heute ist mein Rucksack so schwer wie noch nie, denn ich habe ja nicht nur wieder all das Zeug dabei, das ich in Namche in der Lodge gelagert habe, sondern auch noch alles, was ich dort gekauft habe. Mein Rucksack wiegt nun 15 Kilo und ich merke jedes Gramm beim Abstieg, denn die 700 Höhenmeter, die wir gleich zu Beginn absteigen müssen, ziehen sich ziemlich in die Länge.

Doch bevor wir uns an den Abstieg machen, dopen wir uns noch ein letztes Mal mit frischem Apfelkuchen. Und diese zusätzlichen Kraftreserven haben wir auch wirklich nötig. Von 7.45 Uhr bis 15.45 Uhr laufen wir fast ohne Pausen durch, bis wir endlich wieder in Lukla ankommen. Anders als beim Hochlaufen gleicht diese Strecke nun fast einer Autobahn und häufig geraten wir in einen Stau aus Yaks, Maultieren, Trägern und Touristen, die sich hoch und runter die teilweise engen Wege, Brücken und die steilen Stufen schieben und wir sind froh, dass wir die meisten Tage die Natur für uns alleine hatten.

In Lukla gönnen wir uns einen Yak-Burger und beobachten den Sonnenuntergang, die anderen Touristen, die sich ebenfalls nach ihrer Tour verwöhnen und bummeln durch die Läden.

Tag 14: Mittwoch, 12.10.2011

Start: Lukla – Ende: Kathmandu

höchster Punkt: 2.840 m (Lukla) bzw. 6.630 m (im Flugzeug) - niedrigster Punkt: 1.355 m (Kathmandu)

 

Da unser Flug zurück nach Kathmandu erst um 10.00 Uhr geht, haben wir noch ausreichend Zeit, das Ankommen und Abheben der Flugzeuge auf dem immer noch gefährlichsten Flughafen der Welt zu beobachten. Von unserem Aussichtspunkt am Hotel sehen wir Hubschrauber und Flugzeuge starten und landen, die ersten beladenen Yaks passieren uns und Träger schleppen die Rucksäcke der neu ankommenden Trekker aus Lukla heraus. Wir verabschieden uns von der Bergwelt des Solu Khumbu und heben um 10.30 Uhr ab. 25 Minuten später landen wir wieder im hektischen Lärmen und dem hupenden Verkehr von Kathmandu. Welch ein Kontrastprogramm!

 

Ich packe meine alten, nun in Ruhestand gehenden Wanderschuhe weg und laufe die neuen Wanderschuhe ein, die bereits zu Hause auf mich warten – denn in drei Wochen fliege ich bereits wieder nach Lukla. Doch das nächste Mal geht es zum Kloster Tengboche, wo dann das Mani Rimdu Fest stattfindet. Im Gepäck werde ich weniger Kilo und mehr warme Kleider haben. Und eine voll geladene Kamera, um weitere interessante Momente festzuhalten.