04. - 08.11.2010 Tihar oder Dipawali - das Lichterfest

Kaum hat man sich von Dassain erholt, laufen die Vorbereitungen des nächsten großes Festes: Tihar. Dieses Lichterfest ist in ganz Nepal äußerst beliebt und nach Dassain das zweitwichtigste Fest des Jahres. Es wird teilweise auch „Panchak Yama“ genannt, was so viel bedeutet wie „die fünf Tage des Unterweltgottes Yama“. Fünf Tage lang wird also gefeiert und gegessen, gesungen und Karten gespielt, was das Zeug hält. Doch alles der Reihe nach...

 

Tag 1 kag tihar

Dieser Tag ist den Krähen und Raben geweiht. Früh morgens werden für diese Vögel Leckerbissen auf dem Dach zurechtgelegt, um sie für das kommende Jahr gnädig zu stimmen. Krähen werden auch in Nepal als Vorbote des Todes gesehen und, um sie auch in Zukunft vom Haus fern zu halten, werden sie heute mehr oder weniger „bestochen“ und angebetet. Der Rest des Tages ist relativ ereignislos und da mein Büro heute auch geöffnet hat, ist dies für mich ein Tag wie viele andere auch. 

Auf dem Nachhauseweg sehe ich überall an den Marktständen kunterbunte Bastuntersetzer. Was sollen denn die Leute mit tausenden dieser Dinger, wundere ich mich noch und frage in einem kleinen Laden nach. Diese Bastuntersetzer heißen jilinga und stellen sich nun als eine Art Nudelsnack heraus, der vorgefertigt ist und nur noch in heißem Fett ausgebacken werden muss. Die Farben wurden beigemengt, damit sie schön aussehen. Probieren muss ich die natürlich auch und so kaufe ich mir eines in jeder Farbe. Nachdem ich daheim jedoch eines ausgebacken habe, beschließe ich, die anderen doch als Glasuntersetzer zu verwenden.

Abends bin ich bei meinem Vermieter zum Essen eingeladen und muss mich nun wieder daran gewöhnen, viel zu essen. Doch mit dem Zaubersatz „Ukhus mukhus bhayo“ gelingt es mir nach dem zweiten Nachschlag, den Teller nicht mehr noch einmal gefüllt zu bekommen. Dieser Satz bedeutet so viel wie: „ich hab schon so viel gegessen, dass es mir fast zu den Ohren wieder heraus kommt“ und bringt zwar immer wieder Gelächter hervor, doch eben auch die gewünschten Resultate.

Tag 2 kukur tihar

Heute ist der große Festtag der Hunde. Nachdem sie 364 Tage im Jahr getreten, vernachlässigt und verjagt werden, kommt an diesem einen Tag im Jahr ihre große Stunde: sie bekommen eine rote tikka auf die Stirn und Blumengirlanden, die malla, um den Hals gehängt. Heute werden alle Hunde, auch die auf den Straßen, mit gutem und reichlich Essen versorgt. Ihnen wird damit gedankt, dass Hunde die Häuser der Menschen bewachen. Doch auch die Unterwelt des Gottes Yama wird der Überlieferung nach von einem Hund bewacht.

Nach der Arbeit gehe ich noch zu meinem Sprachlehrer Birendra nach Hause, da ich auch dort zum Essen eingeladen bin. Doch zuerst lerne ich noch von Sunita,  Birendras Frau und von seiner Mutter, wie man sel roti macht. Diese in heißem Öl ausgebackenen Teigkringel gibt es bei jedem Feiertag und werden dann immer in Unmengen hergestellt. Der Reis wird dafür bereits am Tag davor eingeweicht und anschließend wieder getrocknet, danach von Hand mit einem Mahlstein zu feinem Mehl gerieben. Das Reismehl wird dann mit Zucker, ghiu (der geklärten Butter), etwas Backpulver und warmem Wasser zu einem zähflüssigen Teig verarbeitet, der dann aus der Hand heraus ins heiße Öl gegeben wird, so dass ein Kringel mit ca. 10 cm Durchmesser entsteht. Als die sel roti dann etwas abgekühlt sind, probieren wir gleich ein paar.

Und danach erfahre ich, dass die Tage um Laxmi Puja Glück verheißen sollen. Klar, wenn man extra zu Ehren der Göttin des Glücks ein Fest veranstaltet. Und um dieses Glück in Finanzdingen gleich zu erproben, werden nun die Spielkarten gezückt. Das Zocken ist in Nepal zwar gesetzlich verboten, über Tihar ist es jedoch Tradition, mit Karten oder Würfeln zu spielen und die Polizei drückt in dieser Zeit die Augen zu. Oder spielt wohl selbst auch, wie ich vermute. Also lerne ich erst einmal zwei neue Kartenspiele: kitti und mariage. Nach ein paar Übungsrunden geht es dann zur Sache und wir spielen um eine beziehungsweise zwei Rupien pro Runde. Obwohl ich die Regeln eben erst gelernt habe, gewinne ich und kann meinen ursprünglichen Einsatz von 20 Rupien auf 36 Rupien erhöhen. Das Beten scheint sich also zu lohnen, wenigstens für mich.

Tag 3 Laxmi puja

Dieser Tag ist der Wichtigste, denn heute wird die Göttin Laxmi angebetet. Die Festlichkeiten zu Laxmi puja beginnen zwar erst abends, doch die Vorbereitungen laufen bereits den ganzen Tag.  Vormittags gehe ich mit Nehar und Sabina (Frau und Schwester meines Vermieters Sangam) auf die Straße und wir suchen die Kühe der Umgebung, denn neben der Göttin werden heute auch alle Kühe angebetet. Sie sind zwar das ganze Jahr über heilig, aber heute wird ihnen eine besondere Aufmerksamkeit zuteil. Auch sie bekommen eine große tikka, eine Blumengirlande um den Hals und wir sehen große, bunte Flecken auf dem Fell der Kühe. Da waren also unsere Nachbarinnen vor uns da und haben die Kühe angebetet. Wieder zurück im Haus legen wir aus Blütenblättern und dem bunten Farbpulver, das man nun überall auf dem Markt kaufen kann, Figuren und Formen auf den Boden vor der Haustür. Auch vor dem Tor zu unserem Grundstück machen wir auf einem kleinen Altar aus Ziegelsteinen solch ein Muster und stellen ein Öllicht darunter. Ich verteile auch auf meinem Balkongeländer Kerzen um meinen Halloween-Kürbis herum, um so die Lichterdekoration zu vervollständigen, die bereits aus langen Lichterketten in bunten Farben besteht, die in langen Schnüren und Bögen vom Dach die Hauswand entlang herunterhängen. Gemeinsam mit allen anderen Häusern funkelt nun die gesamte Umgebung und erstrahlt in bunten, sich bewegenden Lichtern. Und das, wo wir in Nepal solch einen Strommangel haben! Nachdem bereits über Dassain kein load shedding war und auch Tihar anscheinend davon verschont bleibt, kommen nach der Festivalzeit wahrscheinlich wieder sehr stromarme Zeiten auf uns zu. Doch die kommenden drei Tage leuchtet ganz Nepal jedenfalls in einem Lichtermeer.

 

Grund dafür ist eine alte Sage, nach der sein Astrologe dem damaligen König den baldigen Tod durch einen Schlangenbiss vorhergesagt hatte. Da der König jedoch nicht sterben wollte, bat er den Astrologen um Hilfe, damit dieses Unheil abgewendet werden kann. Ihm wurde nun geraten, im Schein von vielen Öllampen zu schlafen und auch den gesamten Palast auf diese Weise zu erhellen, da dies der Tag von Laxmi puja war und man die Göttin so vielleicht anlocken könne, so dass diese dem König gegen die Schlange und sein Schicksal helfen kann. Gesagt, getan: Laxmi kam und war von der Beleuchtung auch sehr angetan. Sie redete also mit der Schlange und überzeugte diese auch, dem König sein Leben zu lassen. Mit dem König und der Göttin in Schlepptau begab sich nun die Schlange zu ihrem Vorgesetzten, dem Gott Yama, und erklärte diesem, dass es wohl noch nicht die richtige Zeit für den König sei, in die Unterwelt zu kommen. Doch als der Gott in seinem schlauen Buch nachschaute, stand bei den verbleibenden Lebensjahren des Königs eindeutig eine Null. Schlau wie sie war, schrieb die Schlange einfach schnell eine sieben vor die Null und der König hatte noch volle 70 Jahre Leben vor sich. Wenn das kein Grund ist, künftig an Laxmi puja hunderte von Lichtern anzuzünden, um für die Unterstützung der Göttin zu beten!

  

Im Wohnzimmer von Sangam wird nun der Altar für Laxmi, die Göttin des Glücks und des Reichtums aufgebaut, denn wenn wir sie schon mit den vielen Lichtern anlocken, soll sie auch einen schönen Altar bekommen. Wir hängen also ein Bild der Göttin auf, um das wieder ein paar Lichterketten herum drapiert werden. Nachdem Laxmis Statue eine der vielen selbst hergestellten Blumenketten umgelegt wurde, bekommen Statue und das Bildnis auf dem Poster eine große rote tikka. Auch im Haus werden jetzt Kerzen und Öllampen aufgestellt, so dass die Göttin den Weg zum Altar findet. Vor das Bildnis werden dann noch bronzene Schalen mit Obst und süßem Gebäck gestellt, Räucherstäbchen angezündet, Blütenblätter und Reispuffer über das Bildnis der Göttin und den Altar gestreut und dann die Göttin um Glück und Geld angebetet. In manchen Haushalten werden alle Wertgegenstände wie Geld, Schmuck, Computer und Kameras, die Autoschlüssel oder das Abbild des Hauses auf einen Haufen gelegt und der Göttin somit gezeigt, was man schon alles hat und dass man das gerne verdoppeln möchte. An anderen Orten wiederum werden Haufen von Kuhdung gebaut und dann mit Blumenblättern bestreut und ebenfalls angebetet, da Kuhfladen einer alten Legende zufolge ebenfalls Wohlstand und Geld verheißen sollen. Doch wir beschränken uns auf den Altar, der nun für die Ankunft der Göttin bereit ist. Wir bitten die gute Laxmi also um ein bisschen Reichtum und schlagen uns dann selbst den Bauch mit leckerem Essen voll: zu Hühnchenfleisch mit Sauce gibt es heute dido. Dido ist eine Pampe aus Mehl, das mit heißem Wasser angerührt ist. Sabina fragt mich, ob wir das zu Hause in Deutschland auch haben, und ich kann mir noch verkneifen zu sagen, das wir Mehlpepp eher zum Kleben nehmen als zum Essen, und erzähle dann aber lieber, dass wir dem Mehl und Wasser noch ein paar Eier und Salz hinzufügen und diesen Spätzlesteig dann noch in heißem Wasser kochen, bevor wir das als Beilage zu Fleisch und Soße essen. Doch mit der leckeren und gut gewürzten Sauce und dem Hühnchen- und Ziegenfleisch schmeckt auch der Mehlstampf ganz gut und mit einem gut gefüllten Glas raksi heruntergespült löst sich auch der Mehlklumpen im Magen bald wieder.

 

Auch jetzt wird wieder gezockt mit Laxmi direkt neben mir, wie es scheint, denn auch heute kann ich meinen Einsatz fast verdoppeln. Von 30 Rupien auf 56! Ein bissle hab ich ja schon ein schlechtes Gewissen, den armen Nepali das Geld aus der Tasche zu ziehen, doch die Jungs spielen gar so schlecht, dass ich selbst gewinne, als ich mir kaum Mühe gebe. Und mit knapp 0,30 Euro Gewinn sind das ja auch keine großen Summen, um die gespielt werden. Jedenfalls bei uns nicht, anderswo geht es um ganz andere Summen, meint Sangam.

Tag 4 Bhaai tikka und Newari Neujahr

Dieser Tag ist den Brüdern und Schwestern geweiht. Alle Geschwister treffen sich im Elternhaus, um diesen Tag gemeinsam zu feiern. Befindet sich einer der Brüder im Ausland oder kann aus anderen Gründen nicht kommen, so wird ein Foto an seiner Stelle am Fest teilnehmen. Die Schwestern beten für ein langes und gesundes Leben des Bruders oder der Brüder und danken ihnen damit auch für den Schutz, den diese ihnen zukommen lassen. Da ich ja keinen Bruder habe (noch nicht einmal im fernen Deutschland), hat sich Sangam angeboten, für diesen Tag mein kleiner Bruder zu sein. Ich verbringe also den gesamten Tag mit der anderen Sabina, die mir immer sagt und erklärt, was ich wie und warum machen muss. Der Tag beginnt bereits um fünf Uhr und wir klopfen auf der Türschwelle zu jeder Tür im Haus Walnüsse kaputt. Das soll allen Dämonen und bösen Geistern symbolisch zeigen, was mit ihnen passiert, wenn sie sich mit bösen Absichten unserem Bruder nähern und dass mit uns nicht zu spaßen ist. Nachdem wir nun überall Nussschalen hinterlassen haben, kochen wir für den Mittag das Essen schon einmal vor. Gegen 10.30 Uhr sind wir damit fertig und nach einer ausgiebigen Dusche führen wir noch rituelle Waschungen durch und ziehen unsere schönste suruwal kurtha an. Während ich nun zuschaue, wie Sabina alles für die Zeremonie vorbereitet, kann ich schon einmal die anderen Kinder der Großfamilie beobachten, die auch bei uns im Wohnzimmer ihren Brüdern danken. Die 12-jährige Tochter der Nachbarn führt das Programm mit zwei ihrer Cousins durch, da diese keine eigene Schwester haben und sie somit auch jemanden aus der näheren Familie „adoptieren“ müssen. Danach ist die dreijährige Cousine von Sangam dran, ihren kleinen Bruder Bikram zu segnen, der in etwa ein Jahr als ist. Erst verstreut sie Blütenblätter über dem kleinen Bruder. Und da es Sundara anscheinend genießt, ihren Bruder endlich mal ohne Strafe mit etwas bewerfen zu dürfen, sammelt die Blüten immer wieder auf und bewirft den Bruder wieder und wieder mit den gelben und roten Blütenblättern und lacht dabei schalkhaft. Doch als sie dann versucht, mit Hilfe von Sabina eine tikka auf die Stirn von Bikram zu malen, fängt dieser ganz jämmerlich an zu weinen und nachdem er seinen Kopf beim Schreien ständig bewegt, ist seine gesamte Stirn bald mit bunten Farben verschmiert. Nachdem alles abgewaschen wurde, malt Sabina dann alleine dem weinenden Kind eine tikka auf. Nachdem Sangam lächelnd versprochen hat, dass er nicht losschreien wird, wenn ich ihm die tikka gebe, laufen Sabina und ich drei Mal um ihn und Nehar (als seiner Frau steht ihr das selbe Ritual zu wie dem Bruder) herum und lassen Wasser aus einem Zinnkrug um die beiden herum tröpfeln. Durch diesen Wasserkreis sind sie dann für das kommende Jahr geschützt vor bösen Einflüssen. Danach kommen wie schon beschrieben die Blütenblätter, die Sabina und ich zunächst vergessen und wir bereits mit der tikka begonnen haben. Also, alles wieder zurück und massenweise Blütenblätter, Puffreis und Glitterpulver über die Beiden gestreut. Dann kommen die malla, die selbst gemachten Blumenketten und im Anschluss wird Sangam aus Mehl und Wasser ein langer Strick senkrecht auf die Stirn gemacht, der dann mit sieben verschiedenen Farben und noch mehr Glitter betupft wird.

Danach ist die Reihe an Sabina und mir und wir setzen uns auf die Matte und bekommen ebenfalls Blüten und tikka verpasst, dann erhalten die Schwestern einen Umschlag mit Geld oder Geschenke und geben auch den Brüdern entweder Kleidung oder Nüsse als Geschenk. Nach einer großen Fotosession werden die Brüder mit ihrem Lieblingsessen verwöhnt, das wir ja bereits am Vormittag vorbereitet haben: gebratenes Hühnchen, Hühnchen in scharfer Sauce, Bohnen und Blumenkohl, Fisch und Ziegenfleisch, dazu mehrere accar und natürlich Reis. Auch an diesem Tag werden anschließend die Karten gezückt und ich lerne noch ein weiteres Kartenspiel. Auch heute gehe ich mit einem Gewinn von 24 Rupien wieder nach oben in meine eigene Wohnung.

Mittlerweile ist es 15.30 Uhr und nachdem ich mich umgezogen habe, fahre ich zu einer befreundeten Familie, die Newar ist und demzufolge auch ganz andere Traditionen hat wie meine Magar-Familie hier in Laxminagar. Und bei den Newar ist heute Neujahr: heute beginnt für die Newari das Jahr 1130. Das ist also mein viertes Neujahr in den vergangenen elf Monaten. Als ich ankomme und meine Süßigkeiten als Gastgeschenk überreiche, sehe ich schon auf dem Küchenboden verschiedene Kornkreise. Diese mandap sind ca. 30 Zentimeter im Durchmesser und haben den äußersten Kreis aus Puffreis, dann kommt ein Kringel aus Weizen, dann einer aus ungekochtem Reis und der innerste Kreis ist aus lila Sand geformt. Sie symbolisieren das Leben und geben unseren Dank an die Erde (vertreten durch den Sand), die uns auch weiterhin mit Nahrung versorgen soll (Puffreis, Weizen und Reis). Wir setzen uns jeder vor einen Kreis, die zwei Kleineren an Anfang und Ende sind für die Götter, der nun noch übrige mandap ist für den Sohn der Familie, der zur Zeit in Indien ist und nicht kommen kann. Auch jetzt folgen wieder viele Rituale. Blütenblätter werden zuerst über einen kleinen Altar gestreut, daraufhin auch über uns, dann wird eine tikka in den innersten Kreis und anschließend auf meine Stirn getippt und in Öl getränkte Dochte auf den mandap in Kreuzform aufgelegt, die anschließend angezündet werden. Während wir von Teigbällchen mit viel Nüssen und Gewürzen abbeißen und mit drei kleinen Schlucken Joghurt zusammen essen, brennen die Dochte vor unseren Füßen weiter, so dass ich immer aufpassen muss, dass der Schal meiner suruwal kurtha nicht in die Flammen hängt. „Wessen mandap als erstes verbrannt ist, wird auch als erster sterben“, erklärt mir Niru, die Mutter der Familie. Doch da die beiden Dochte der für die Götter gedachten Symbole zuerst verlöschen bin ich wieder beruhigt. Die restlichen kleinen Flämmchen werden durch ein großes Bananenblatt erstickt, das über die nun angekokelten und verschwelten Puffreis- und Blütenblätterfeuerchen gelegt wird. Darauf liegen mehrere Gebäckteile, sel roti, Blätterteigecken, chiura, der geschlagene Reis und ein paar gebackene Kichererbsen. Ich suche mir nun aus, was ich davon jetzt gleich essen will, der Rest wird mir mit dem für mich gesegneten Obst für daheim eingepackt. Ich lege also alles bis auf den Reis und die Kichererbsen auf die Seite und bekomme nun verschiedenes Gemüse, Ziegenfleisch, Hühnchen, scharfes accar aus Tomaten und viel Ingwer, einer Mischung aus Ziegenherz und –fleisch und andere sehr leckere Sachen auf mein Bananenblatt. Nachdem ich mehr gegessen habe als ich eigentlich möchte, bekomme ich noch als Nachtisch etwas von dem geschlagenen Reis mit Zucker und Joghurt auf mein Bananenblatt, das ich dann mit den Fingern erst mischen und dann essen soll. Das anschließende Schnäpschen mit Namen wassa brennt mir zwar fast ein Loch in die Magenwand, schmeckt aber ganz gut. Anders als der sonst angebotene raksi ist dieser aus Weizen hergestellte Schnaps sehr stark.

Danach (wie könnte es anders sein) widmen wir uns wieder einmal den Karten und da der Einsatz diesmal fünf Rupien pro Spiel ist, gehe ich nach einer Stunde Spielen mit einem Gewinn von 60 Rupien, satt und mit vielen neuen Eindrücken wieder nach Hause.

Dort angekommen, stelle ich fest, dass unser Haus von einer Gruppe Tänzerinnen und Sängerinnen in Tracht belagert ist, die uns mit ihrem Programm noch weitere 20 Minuten unterhalten. Sie sammeln Geld, das dann wohltätigen Zwecken gespendet wird, fast so wie bei uns an Dreikönig, wenn Kinder als Könige verkleidet von Haus zu Haus ziehen, den Segen bringen und Geld für soziale Zwecke sammeln. Als ich endlich ins Bett falle, nachdem ich mir die beiden tikka dieses Tages abgewaschen habe, ist es bereits nach Mitternacht. Von der Straße höre ich noch immer die Musik der Tanzgruppen und schlafe zu den Klängen der badal genannten Trommel ein.

Tag 5 Newari Bhaai tikka

Am kommenden Tag bin ich wieder im Haus meiner newarischen Freunde eingeladen und komme auch rechtzeitig um acht Uhr dort an. Anders die vier bhaai, die aus Tansen kommen wollen und sich hier bei Niru ihre tikka und Essen abholen, um dann wieder zurück nach Tansen zu fahren, um weitere Feiern zu erleben. Ich sehe zu, wie wieder die mandap auf den Boden gelegt werden und bekomme auch die gesamten Vorbereitungen der Zeremonie mit. Als die Vier dann ankommen, sind wir auch schon lange fertig und die Zeremonie vom gestrigen Neujahrsfest wiederholt sich fast eins zu eins. Ich sitze diesmal nur daneben und beobachte beziehungsweise fotographiere alles, da ich ja in diese bhaai tikka-Zeremonie nicht eingebunden bin. Nachdem die Vier fertig gegessen haben und wieder verschwunden sind, bekommen erst der Vater und ich zu Essen, danach erst Niru und ihre Tochter.

Heute schmeckt mir das Essen noch besser und es ist deutlich ungezwungener als sonst, wenn ich bei Nepali eingeladen bin, da ich ja jetzt als Familie zähle und nicht als Gast gesehen werde. Nach dem Aufräumen und Putzen der Küche geht es – na! – mit den Karten weiter. Da ich nach einer Stunde 135 Rupien gewonnen habe und nun niemand mehr Kleingeld besitzt, genießen wir nur noch einen Tee und ich mache mich dann wieder auf den Heimweg, um mich am späten Nachmittag und Abend noch ein wenig von den Feiertagen zu erholen. Wieder leuchtet ganz Butwal mit Lichterketten und Kerzen und ich setze mich auf meinen Balkon und genieße die Aussicht auf die Stadt und die vielen Lichter.

Nun ist Tihar und damit mein bisher liebstes Fest in Nepal vorbei und morgen geht es wieder ins Büro. Ich entsorge meinen Kürbis, in den ich zu Halloween eine lachende Grimasse geschnitzt habe und die mittlerweile heruntergebrannten Kerzen und leeren Öllämpchen von Tihar, fülle meinen Kühlschrank mit Obst und Gemüse, um nach so vielen Tagen mit viel leckerem Essen nun einen Obsttag einzulegen und packe meine Tasche fürs Büro. Und freue mich auf Tihar im kommenden Jahr.