25.06.2011 Nepali Hochzeit

 

Kürzlich war ich bei der Hochzeit des Bruders meines Sprachlehrers Birendra eingeladen. Um viele Ecken herum, meint ihr? Keineswegs. Denn auch Hochzeiten laufen in Nepal etwas anders ab als bei uns in Deutschland.

 

Zum Einen sind fast alle Hochzeiten immer noch arrangiert; das heißt, die Mütter suchen nach potentiellen Partnern für ihre Söhne und Töchter. Dabei wird auf Kaste und sogar Unterkaste geachtet, auf Schulabschluss, Lebensverhältnisse etc. So viel Auswahl bleibt da meiner Meinung nach gar nicht, zumal die Mütter wirklich kritisch sind. Haben sich zwei Mütter samt der übrigen Familie geeinigt, dass eine Verbindung wünschenswert ist, treffen sich die beiden zu Verheiratenden in der Regel das erste Mal, und zwar im Beisein der Eltern. Beide Partner haben ein Veto-Recht, das auch oft genutzt wird. Birendras Mutter hat im vergangenen Jahr bestimmt 20 Treffen arrangiert bevor ihr Sohn Gyanendra und das Mädel beide einer Hochzeit zugestimmt haben. Von dieser Zusage bis zur Hochzeit lagen hier nur fünf Tage, da die Großmutter der Braut ziemlich krank ist und einerseits die Hochzeit noch miterleben wollte und ein Todesfall die Hochzeit um ein ganzes Jahr nach hinten verschoben hätte. Innerhalb dieser Woche wird dann also die gesamte Hochzeit organisiert. Den größten und aufwändigsten Teil organisiert die Familie der Braut. Alles was die Familie des Bräutigams machen muss, erledigt der größere Bruder oder ein Onkel. Also hatte auch Birendra einiges zu tun in dieser Woche. Unter Anderem die Einladung der Gäste. Und da lädt man nicht Freunde und Bekannte von Braut und Bräutigam ein, sondern die Freunde von einem selbst. So kam ich dann auch in den Genuss einer Einladung zu dieser Hochzeit.

Auch die Hochzeit an sich läuft anders ab als wir das gewohnt sind. Die Familien von Braut und Bräutigam feiern getrennt. Die Hauptzeremonie ist mit der Familie des Bräutigams. Neben der Braut ist nur noch deren Bruder (oder wenn keiner da ist, ein anderer daai, also Cousin o.ä.) und eine weitere weibliche Verwandte sowie die Eltern der Braut anwesend. Auch Männer und Frauen feiern getrennt. Als bideshi hatte ich jedoch die Möglichkeit, mit beiden Gruppen zu feiern und mittlerweile sind die Regeln auch nicht mehr so streng, so dass ich nicht die einzige Frau bei der Männergruppe war.

Die Frauen brezeln sich auf und ziehen ihren eigenen Hochzeitssari oder aber einen anderen schönen Sari an. Und dann wird getanzt.

  

Die Frauen machen das den gesamten Tag, ich bin nach einer Stunde allerdings mit Birendra, der mich abgeholt hatte, zur anderen Gruppe gefahren. Früh morgens, als ich noch unterwegs von Kathmandu nach Butwal im Stau stand, sind die Männer schon gemeinsam durch die Stadt zum Haus der Braut gezogen und haben sie abgeholt. Gemeinsam ging es dann in den Park, an dem die Hochzeit stattfinden sollte. Dort bekam die Braut einen tollen Sari überreicht, den sie nun gerade anzog, als ich dazu kam. Eine große Halskette aus Gräsern bekommen sowohl Braut als auch Bräutigam umgehängt.

 

Wie alle Europäer werdet ihr denken: "naja, glücklich sehen die beiden ja nicht gerade aus. Verständlich bei einer arrangierten Hochzeit." Doch das stimmt so nicht. Insbesondere bei diesen beiden weiß ich, dass sie gerne und wirklich freiwillig geheiratet haben, doch man lacht oder lächelt auf Fotos in Nepal NIE! Noch nicht mal an der eigenen Hochzeit. Ich bin hier mit meinem Foto-Grinsen echt eine Ausnahme, aber Nepali schauen automatisch ernst, wenn eine Kamera auf sie gerichtet wird.

So, doch nun weiter im Programm. Jetzt kommt die eigentliche Zeremonie im Tempel. Um den Tempel herum fanden gleichzeitig fünf Hochzeiten statt, so dass ich immer zwischen zwei Hochzeiten saß und alles mitbekam. Ich wurde auch immer ganz nach vorne geschickt, so dass ich alles mit erleben konnte. Echt lieb. Und irgendjemand hat mir dann auch immer erklärt, was gemacht wird und warum.

Den Guru sowie all die "Zutaten" muss die Familie der Braut besorgen und auch bezahlen. Die Zeremonie an sich ist lang, kompliziert und verräuchert...

  

Viele Tikkas, Gebete, Zeugs, das ins heilige Feuer geworfen wird, das ist die Kurzfassung der Zeremonie. Hauptakt ist ein großer, orangener Tikka, den der Bräutigam seiner Braut macht. Dieser wird entlang dem Tuch, das vom Feuer zur Stirn der Braut führt, gemacht und endet dann an der Stirn der Braut. Dort wird er sofort von einem Stück Tuch verdeckt, da die Mitglieder der Familie des Bräutigams den nicht sehen dürfen.

Naja, danach machen sich die beiden Brautväter bzw. Brautmütter gegenseitig ein großes Tikka auf die Stirn, dabei knubbeln sie so viel roten Reis auf die Stirn des Anderen wie möglich und beschmieren sich danach das ganze Gesicht voll mit der roten Farbe. Das war der einzige Moment der Hochzeit bisher, wo alle einen mords Spaß zu haben schienen. Die Eltern des Bräutigams erhalten dann auch einen dicken Goldring und etwas Geld in einem Umschlag. Die Mutter des Bräutigams kommt dafür extra zur Männergruppe dazu und geht danach auch gleich wieder. Anschließend bekommen alle Männer der Familie (Brüder, Mann der Schwester, Vater, Opa, Cousin) Geschenke und eine normalgroße Tikka. Danach bekommen alle anderen Familienmitglieder Tikka und Geldgeschenke. Und ich ebenfalls, Tikka zusammen mit einem Umschlag mit 100 Rupien. 

 

Der Brautbruder trägt seine Schwester nun zum Auto, da sie den dreckigen Boden nicht mehr berühren darf. Das Brautauto wartet schon und ebenso ein Bus, der die gesamten Anwesenden nach Hause zur Feier fährt. Dort gibt es erst noch mal 100e Fotos. Das unterscheidet sich wenig von unseren Hochzeiten, denn jeder will ja mit den Brautleuten auf einem Foto sein.

  

Ach ja, und mir ging es da nicht anders, denn auch mit mir wollte jeder ein Foto ;o) Hatte mit den Kindern noch eine tolle Zeit, bevor wir dann zu sehr leckerem Essen ins große Zelt hinterm Haus gingen. Witzig war, dass der Koch einige Jahre lang in Frankfurt in einem indischen Restaurant gearbeitet hat. Ich hab dann mein bissle Hindi ausgepackt und er sein Deutsch, das war wohl die witzigste Unterhaltung, die ich seit Langem geführt habe.

Gegen 10 Uhr abends bin ich dann wieder heim gefahren, hab mich aus dem Sari gewickelt und bin ins Bett gefallen, immerhin bin ich bereits um 4 Uhr morgens aufgestanden, um rechtzeitig in Butwal zu sein.

 

Eine tolle Hochzeit und eine super Erfahrung! Jederzeit wieder ;o).  

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